Ragout vom Wildschwein

Nicht nur zu Weihnachten ein Festessen…

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Bauern und Gartenbesitzer hassen Wildschweine, Jäger übersehen sie, und Feinschmecker rümpfen – mit Ausnahme von Obelix – bei ihrem Anblick die Nase. Tatsächlich kann man ganz fürchterlich reinfallen mit diesen ungehobelten Burschen. Hat man Ihnen beim Metzger einen alten Keiler angedreht, dann gehen Sie besser ins Gasthaus. Ein mürber Wildschweinbraten ist so selten wie ein Hecht ohne Gräten.

Deshalb muss es eine Keule vom Frischling sein.

 

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Wie gewöhnlich rechne ich großzügig mit 300 Gramm pro Person, ohne Knochen, versteht sich. Aber auch ohne Häute und Sehnen! Da die aber unvermeidlich sind, stehe ich erst einmal in der Küche und pariere das Fleisch sorgfältig. Dazu wird es gewürfelt und alles abgeschnitten, was ich später nicht im Mund haben möchte. Das dauert eine gute halbe Stunde. Danach beginnt das eigentliche Kochen…

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Rezept Wildschwein-Ragout (aus dem Slow Cooker)

(für 4 Personen)

Tipp: Für dieses Rezept bevorzuge ich die Zubereitung im Slow Cooker, ein Garant für zartes und saftiges Fleisch. Die schonende Garmethode sorgt dafür, dass das Fleisch nicht durch Saftverlust austrocknet oder durch große Hitze verkrustet. → Hier mein Bericht über diesen Zaubertopf. Wer keinen Slow Cooker hat, kann das Ragout natürlich auch im gewöhnlichen Bräter zubereiten. 

  • 1 Keule vom Frischling (ca. 2,5 kg mit Knochen)
  • 1 Gemüsezwiebel, geviertelt
  • 1 klein gehackte Stange Staudensellerie
  • 1 Karotte in Scheiben oder Stifte gob geschnitten
  • 4 Lorbeerblätter
  • frischer Thymian (5 Zweige)
  • frischer Rosmarin (2 Zweige)
  • 2 Gewürznelken
  • 2 Knoblauchzehen
  • ¼ TL gemahlene Zimtblüten
  • ½ TL Ras el-Hanout
  • Pfefferkörner (ca. 10 Stück)
  • 1 EL Olivenöl
  • 1 Fl kräftigen Rotwein (Côte du Rhône, Gigondas, Bourdic o.ä.)
  • 100 ml Balsamicoessig
  • Wasser

Für die Sauce zusätzlich

  • 1 Tasse Portwein
  • 1 Schalotte, fein gehackt
  • 5 Trockenpflaumen ohne Kern, in Streifen geschnitten
  • 1 EL Orangeat (kandierte Orangenschale)
  • kalte Butterflocken
  • 0,3 l Wildfond oder Rinderfond
  • Preiselbeeren

Außerdem Spätzle nach → diesem Grundrezept

 

Schritt 1: Für die Marinade den Rotwein und den Balsamicoessig in einen passenden Topf gießen. Zum Kochen bringen. Staudensellerie, Karotte, 2 Zwiebelstücke, 1 Lorbeerblatt, Thymian, Gewürznelken, Zimt, Pfefferkörner und den Knoblauch hinzugeben und bei mittlerer Hitze ca. 5 Minuten köcheln. Beiseite stellen und abkühlen lassen.

 

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Schritt 2: Die restlichen Zwiebeln, Rosmarinzweige, 2 Lorbeerblätter, Thymian und Ras el-Hanout in den Keramikeinsatz des Slow Cooker geben.  Die gesäuberten Würfel von der Wildschweinkeule auflegen und die Marinade darüber verteilen. Mit einem Deckel verschließen und im Kühlschrank einen Tag ziehen lassen.

 

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Schritt 3: Den Keramiktopf in den Slow Cooker einsetzen, auf volle Hitze (high) stellen und ca. 2 Stunden aufwärmen lassen. Nach dieser Zeit die kleinste Kochstufe (low) einstellen und weitere 1-2 Stunden kochen lassen. Die langsame Garmethode erlaubt eine hohe zeitliche Flexibilität. Man kann das Fleisch 3 oder auch 4 Stunden warm halten, ohne dass es zäh wird. Ein Ragout aus der Frischlingskeule kann sich mit der Zartheit einer Lammkeule messen, während die Konsistenz eines ausgewachsenen Wildschweins an die eines Autoreifens erinnert.

Ohne Slow Cooker nimmt man die marinierten Fleischstücke aus der Schale, tupft sie trocken und brät sie mit etwas Butterschmalz im Bräter kurz scharf (!) an. Danach köchelt man das Fleisch unter Zugabe der Marinade, die man durch ein Sieb hinzu gießt, sehr sanft auf kleinster Stufe weiter, so dass möglichst wenig Flüssigkeit verdunstet. (Eigentlich ist es mehr ein warmhalten, als köcheln).

 

Schritt 4: Den ultimativen Kick bekommt dieses Gericht durch seine tief aromatische Sauce.  Diese wird hergestellt, während das Wildschweinrgaout leise vor sich hinköchelt.

Die gehackte Schalotte zusammen mit den Backpflaumen, dem Orangeat und einem Rosmarinzweig  sowie 1 EL Butter glasig andünsten. Sobald die Zwiebeln braune Stellen bekommen, das Ganze mit Portwein ablöschen und 2 Minuten köcheln lassen. Beiseite stellen.

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Schritt 5: Das Fleisch (ohne den Fleischsud)  mit einer Schöpfkelle aus dem Bräter nehmen und in eine große Schüssel oder einen Teller legen. Den Sud aus dem Bräter in einen hohen, großen Messbecher (oder Topf) umfüllen. Die Pflaumen-Orangen-Portwein Flüssigkeit dazugeben und alles zusammen mit einem Mixer / Zauberstab fein pürieren (Standmixer geht natürlich auch). Den entstandenen Brei durch ein Sieb passieren.

 

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Die so gewonnene Flüssigkeit mit dem Wild- oder Rinderfond auffüllen und in einem Topf aufkochen und leicht reduzieren. Mit kalten Butterflocken montieren bis eine sämig glänzende Sauce entstanden ist. Den Topf mit der Sauce vom Feuer nehmen und nicht weiter kochen.

Übrigens: Die feine Masse aus gelösten Fleischfasern, Gemüse und Obst, die im Sieb verbleibt, kann man  mit 2 EL flüssiger Butter vermengen und in Gläser füllen – ein wunderbarer Brotaufstrich!

 

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Schritt 6: Die Fleischstücke in die Sauce hineingeben, mit einem Deckel verschließen und das Ganze ruhen lassen.

 

Schritt 7: Als Begleitung zum Frischling bieten sich breite Nudeln oder Kartoffelpüree an. Selbstgemachte Spätzle sind in unserer Familie am beliebtesten, deshalb wird noch schnell ein Topf Wasser aufgesetzt und die Spätzlepresse bemüht (→ Spätzlerezept hier). Wer mehrere Helfer in der Küche hat, kann die Spätzle auch zwischen Schritt 3 und 4 herstellen und im Ofen warmhalten.

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Weinempfehlung: Bei den Meisten wird die Wahl automatisch auf einen Rotwein fallen. Und warum auch nicht? Der beim Kochen verwendete Tropfen von der Rhône oder aus dem Bourdic passen nicht schlecht. Italienische Rotweine sind ebenfalls eine sichere Bank. Spannender und fruchtiger lässt sich das Ragout vom Wildschwein mit einem großen, kräftigen Weißwein begleiten, der im Holzfass gereift ist. Mâcon, Meursault  oder ein Côte du Rhône Villages wären ebenso denkbar, wie ein korsischer Weißer. 

Gutes Gelingen und einen ebenso guten Appetit!

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Welche Erfahrungen haben Sie mit Wildschwein oder Wildschweingulasch gemacht? Kennen Sie eine Rezeptvariation? Ich freue mich auf Ihre Ergänzungen in den Kommentaren.

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2 Kommentare
  1. Das Rezept werde ich auf jeden Fall nachkochen.
    Einen Slow Cooker habe ich leider nicht, auch nicht die große Erfahrung mit Wild, aber einen umwerfenden Metzger.
    Ich habe kürzlich Wildschwein (Schulter und Hals) mediterran zubereitet, ich wollte weg von typisch badischen Ragout und es war großartig…auch mein Metzger war begeistert.
    Auch an Reh habe ich mich gewagt und einen Rücken zubereitet. Hat geklappt…der Tanz auf neuem Terrain.

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